Was ist Morbus Osler?
Beim Morbus Osler handelt es sich um eine erbliche Erkrankung der Blutgefäße, bei der prinzipiell der gesamte Körper betroffen sein kann. Auch wenn die Veränderungen der Gefäße im ganzen Körper vorkommen, finden sich die arteriovenösen Kurzschlussverbindungen überwiegend an der Schleimhaut der Nase, des Darmes und in der Lunge, Leber und im Gehirn.
In der Schleimhaut der Nasenscheidewand können die Veränderungen der Blutgefäße besonders gut beobachtet werden. Hier liegt eine große Zahl von Gefäßen unmittelbar unter der Oberfläche. Diese werden aus einer Reihe starker Zuflüsse gespeist und sind zudem einer massiven, mechanischen Belastung ausgesetzt. Diese Belastung wird heute als ein Reiz verstanden, der die Ausbildung und Entwicklung von Osler-Knötchen verstärkt. Nasenbluten tritt deshalb in über 90 % der Fälle auf und ist damit das häufigste Symptom.
Namensgeber für die Erkrankung ist Sir William Osler. Er war zu seiner Zeit (1849 bis 1919) einer der bekanntesten Mediziner im englischsprachigen Raum.
Der wissenschaftliche Name ist „Hereditäre, hämorrhagische Teleangiektasie oder kurz: HHT“. Dies weist darauf hin, dass die Erkrankung vererbt wird. Der Erbgang ist autosomal dominant, das bedeutet, dass für jeden Nachkommen eines Erkrankten die Wahrscheinlichkeit ebenfalls zu erkranken 50 % beträgt. Man kann zwei Typen der HHT unterscheiden. Typ I ist durch einen Fehler im Chromosom 9 bedingt, bei Typ II sind Fehler im Chromosom 12 vorhanden.
Man beobachtet bei Patienten mit Typ I häufiger Lungengefäßmissbildungen (PAVM), bei solchen mit Veränderungen vom Typ II Leberveränderungen.
Auch wenn er in jedem Lebensalter erstmalig in Erscheinung treten kann, wird der Morbus Osler meist in der Pubertät auffällig.
Um die Erkrankung zu diagnostizieren, werden in der Regel Symptome nach den Curaçao-Kriterien bewertet. Wenn ein Patient drei oder mehr der folgenden Symptome aufweist, gilt die Erkrankung als gesichert:
- Nasenbluten (Epistaxis)
- Kleine Gefäßmissbildungen der äußeren Haut (Teleangiektasien)
- Beteiligungen innerer Organe (Lunge, Leber, Magen-Darm-Trakt oder Gehirn)
- Auftreten der Erkrankung bei Familienangehörigen
Wenn bei weniger als drei Merkmalen dennoch der Verdacht besteht, kann die genetische Untersuchung die Diagnose sichern.
In jedem Fall ist es eine interdisziplinäre Zusammenarbeit (Internist, Pulmologe, Gastroenterologe, Neurologe, Radiologe, HNO-Arzt,..) zum Wohle des Patienten sehr wichtig.
Wie kann die Erkrankung behandelt werden?
Eine wichtige, wenn auch bedrückende Information für den Patienten ist, dass die Erkrankung nicht heilbar ist. Alle Bemühungen zielen daher darauf ab, die Symptome so weit als möglich zu beherrschen, um ein normales Leben zu ermöglichen. Im Vordergrund steht bei der Mehrzahl der Patienten das Nasenbluten. Es tritt ohne erkennbaren Anlass auf, häufig nachts und kann lange anhalten.
Die Behandlung stützt sich auf zwei wesentliche Säulen: Erstens die Pflege der Nasenschleimhaut, die der Patient sorgfältig und täglich durchführen muss, um die Nase feucht und die Schleimhaut widerstandsfähig zu erhalten. Zweitens erfolgt prophylaktisch, z.T. auch akut, die Behandlung durch den HNO-Arzt. Der HNO-Arzt wird in Intervallen die immer wieder neu auftretenden Osler-Herde behandeln. Im Vordergrund steht, die Blutungsintervalle zu verlängern, die Blutungsintensität zu verringern, die Ausbreitung der Erkrankung einzudämmen und die Selbsthilfe zu fördern.
Als besonders vorteilhaft hat sich die Therapie mit Laserlicht im nahen Infrarotbereich erwiesen. Es gelingt damit, die erkrankten Adern von innen zu veröden und dabei die Schleimhautoberfläche zu erhalten. Die Behandlung kann meist ambulant in örtlicher Betäubung erfolgen.
Solange die Osler-Herde klein sind, lassen sie sich leicht behandeln, wenn sie aber an Größe gewinnen und damit der Blutfluss zunimmt, wird die Behandlung schwieriger. Es muss dann die Verödung mittels Thermo- bzw. Radiofrequenzmodulation durchgeführt werden.